Mit der Fliegenrute auf Döbel

Es ist kein Geheimnis: Forellen sind bei weitem nicht die einzige Herausforderung, die der Jenaer Saaleabschnitt für uns Angler bereithält. In der Äschen- und Barbenregion machen idealerweise andere Fischarten die Mehrheit aus. Die fischereiliche Einordnung der Jenaer Saale als Mischgewässer bedeutet, dass sich hier ab dem 1. Oktober, dem Schonzeitbeginn der Bachforelle, kein Angler arbeitslos melden muss – Ansitzangler sowieso nicht und auch Spinn- oder Fliegenfischer nicht. Hans Eiber schreibt in der 6. Auflage seines modernen Klassikers, dass “Fliegenfischen auf Nichtsalmoniden (…) ein unerschöpfliches Thema” sei und widmet Döbel, Barsch, Rapfen, Zander, Karpfen und Hecht gleich zwei Kapitel (Das ist Fliegenfischen, München 2018, S. 159). Doch braucht es unbedingt einen Meterhecht am schweren Streamer-Gerät, um das Fliegenfischerherz höher schlagen zu lassen? Oft sind es gerade die klein(er)en Dinge im Leben, die am meisten Freude bereiten. Deswegen wollten es Ben und ich Anfang Oktober gemütlich angehen und unser Glück mit der Fliege auf Weißfisch versuchen. Mein Zielfisch an dem Tag? Ein guter Döbel für die Küche!

„Vom Karpfenfisch, der auszog, um es der Forelle gleichzutun“ – gäbe es das Märchen vom Döbel, könnte so oder ähnlich der Titel lauten. Je nach Region werden die faszinierend schönen Tiere mit dem silbernen Schuppenkleid und den leuchtend roten Flossen auch Aitel, Eitel, Alet oder ganz einfach Dickkopf genannt. Vielen Jenaer Anglern sind sie wohl vor allem als „Beifang“ beim Spinnfischen auf Forelle bekannt. Kleine Wobbler, Spinner und Spoons üben auch auf die räuberischen Döbel eine große Anziehungskraft aus. Manchmal möchte man sogar meinen, dass die schlanken Cypriniden sich beim Attackieren der vermeintlichen Beute wesentlich geschickter als ihre Kollegen aus dem Salmonidenreich anstellen. Nur die Kunst des Springens will ihnen nicht so recht gelingen. Wenn’s in unserem Fluss ordentlich Druck auf die Rute gibt, aber Sprünge und wilde Fluchten ausbleiben, kämpft wahrscheinlich ein feister Döbel am anderen Ende der Leine. Große Ausdauerkünstler sind sie nicht, dennoch bleiben Dickköpfe spannende Angelfische, da vor allem die älteren Exemplare als extrem scheu und vorsichtig gelten. Überlisten lassen sich Döbel natürlich auch mit Naturködern (darunter legendär: die Kirsche) und mit der Fliege.

Unterhalb der tiefhängenden Äste standen zahlreiche Döbel. Nur rankommen musste man irgendwie!

Unser kleiner Flugangel-Spaziergang fand unter leichtbewölktem Himmel statt. Es war ein herrlicher Herbsttag, an dem die Sonne regelmäßig herauskam. Auch das Wasser der Saale war verhältnismäßig klar. Begleitet wurden unsere ersten Schritte von einem zwitschernden Eisvogel. Das kann nur Gutes verheißen! Und tatsächlich, die Bisse ließen unter diesen Bedingungen nicht lange auf sich warten. Döbel und Hasel hatten Hunger! Ben war zunächst mit der Nassfliege erfolgreich und bald zappelte auch ein größerer Döbel in seinem Kescher. Später konnte er mit dem Streamer noch einige gute Bisse verbuchen.

Ich blieb diesmal die ganze Zeit demselben Typ Trockenfliege treu: einer hellen Eintagsfliegen-Imitation, inspiriert von der Beobachtung, die ich beim vorangegangenen Angeltrip gemacht hatte. Zweimal musste ich die Fliege gegen eine unversehrte auswechseln, denn die Fische waren verrückt nach dem Muster. Es war so ein Tag, da konnte man sich fast sicher sein: Wenn der Wurf dort ankommt, wo er hin soll, wenn die Fliege sanft auf dem Wasser aufsetzt, wenn sie gut im Wasserfilm stehen bleibt und es mit der Drift zumindest zwei oder drei Meter passt, dann ist der nächste Einschlag nur eine Frage von wenigen Sekunden. Diese Spannung macht Fliegenfischen so unglaublich intensiv, selbst dann, wenn sich die Rute beim Drill nicht im Halbkreis biegt.

Ein wunderschöner Hasel, gefangen auf Trockenfliege.

Unter solchen Voraussetzungen ist natürlich klar, dass Schonhaken oder zumindest angedrückte Widerhaken zum Pflichtprogramm gehören sollten. Dem Fliegenfischer entsteht hierdurch in den meisten Fällen kein Nachteil und für untermaßige oder geschonte Fische, die schnellstmöglich zurückgesetzt werden sollen, ist der Spuk innerhalb weniger Sekunden vorbei. Auch größere Fische haben wir an unserem widerhakenfreien Angeltag nicht verloren. Apropos groß: Mir fehlte bis hierhin zur Krönung dieser erlebnis- und lehrreichen Zeit am Wasser nur noch ein Mitbringsel für die Küche. In einem stellenweise fast bis zur Hüfte tiefen Abschnitt der Saale – es wurde allmählich Abend und ich widmete meine Aufmerksamkeit schon länger ausschließlich dem Uferbereich –, stieg schließlich auch bei mir ein stärkerer Cyprinide ein. Dank Polbrille ließ er sich unmittelbar als Döbel ansprechen. Es war kein Riese, aber für die leichte Fliegenrute bedeutet alles über 30 cm viel Arbeit. Schnell besann sich der Fisch auf seinen Heimvorteil und spielte seine beste Karte: Flucht ins Kraut! Hier machte er sich am Grund schwer und ließ sich keinen Zentimeter mehr bewegen. Erst als ich mit der linken Hand ins Wasser griff und den seitlichen Zug auf die Schnur erhöhte, gab er sich irgendwann geschlagen. Der Rest des Drills fand nahe der Oberfläche statt. Einige Sekunden später war er im Kescher. „Küchenfisch?“, hörte ich Ben vom anderen Ufer rufen. Ich weiß nicht mehr, was er als Antwort zu hören bekam, aber er hatte Recht!

Nein, das ist keine Nymphe im Maul, sondern die dritte völlig zerrupfte Trockenfliege des Tages.

Und was soll man jetzt mit einem Döbel? Bei den ganzen Gräten? Zugegebenermaßen, die Zubereitung ist etwas umständlicher als bei einer Forelle. Meine Version des Ganzen funktioniert so: Zunächst den Fisch entschuppen, dann ausnehmen. Letzteres mache ich genau wie bei Forellen, indem Kiemen und Brustflossen mit einem Zug samt Innereien abgezogen werden. Dabei aufpassen, dass man sich nicht an den scharfen Schlundzähnen des Döbels verletzt! Grundsätzlich wandern bei mir nach dem Ausnehmen alle Fische, egal ob Parasiten mit dem Auge erkennbar sind oder nicht, mindestens für zwei Tage ins Tiefkühlfach. So ist man auf der sicheren Seite. Danach heißt es beim Döbel, etwas gegen die Gräten zu unternehmen. Das Fleisch wird auf der ganzen Länge im Abstand von etwa 3 mm mit einem scharfen Messer bis auf die Mittelgräte hinab eingeschnitten. Hierbei knackt es leise, denn wir zerteilen die kleinen Gräten, die wir später sonst aus dem Mund fummeln müssten. War uns Petrus besonders hold und hat einen Döbel von 40 cm und mehr spendiert, wird der Fisch stattdessen filetiert. Auch die Filets werden eingeschnitten, aber – wichtig! – nicht von der Hautseite aus, sondern von der Fleischseite, denn sonst verlieren die Stücke an Stabilität und zerfallen beim Wenden.

Nach dem Einschneiden wird der Döbel mit einer Gewürzmarinade (Essig und Öl im Verhältnis von 1:3) bestrichen und darf einige Stunden darin liegen. Danach wird das Ganze wahlweise paniert und in die Bauchhöhle kommen, wenn der Fisch zu klein zum Filetieren war, Knoblauch, Zitronen und Gewürze (Salz, Pfeffer, Thymian, Dill). Jetzt geht’s ab in die Pfanne! Von den Gräten sollte nach dem Braten nichts mehr zu spüren sein.

Döbelfleisch hat keinen stark ausgeprägten Eigengeschmack. Als panierte Filets erinnert mich das Ganze ein wenig an Fischstäbchen, aber einen direkten Vergleich kann ich nicht ziehen, da ich seit vielen Jahren keine mehr gegessen habe. Wie dem auch sei: Döbel führt zwar nicht den Titel “Feinfisch”, aber in meiner Küche ist er eine willkommene Alternative zu Forelle & Co. Guten Appetit!

Bis zum nächsten Mal!

H.

Ein Gedanke zu „Mit der Fliegenrute auf Döbel

  1. Hallo Hannes, ich wäre für einen Nassfliegeneinsatz. Die muss nicht getauscht werden, nur weil sie nicht mehr schwimmt. Der Hinweis “zerstört” ist meiner Meinung nach nur dann gültig, wenn Du keine Hecheln mehr dran hast. Flügel? Darauf kann man gerne verzichten. das glaubt mir keiner, aber ein Test überzeugt. Wenn die Trockene nicht mehr schwimmt, fische sie einfach nass weiter. Dabei hast Du genau soviel Spass, wenn nicht noch mehr. Service und Führung unterscheiden sich unwesentlich.

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