Lehrstunden zum Saisonauftakt

Nach zwei Monaten Fliegenfischen-Abstinenz ist es endlich so weit: Die Schonzeit der Bachforelle ist seit dem 1. April vorbei und an vielen Thüringer Fließgewässern darf wieder der Rotgetupften nachgestellt werden. Das Osterwochenende kam dieses Jahr also genau richtig und spendierte einige potenzielle Angeltage. Allerdings schwächelte ab Karfreitag das zuvor sonnige, ja fast schon sommerliche Wetter und die Temperaturen fielen um 10 Grad. Nicht die besten Vorzeichen, aber nach der langen Wartezeit war trotzdem vorsichtiger Optimismus erlaubt. Also ab an die Saale! Dort angekommen, fanden wir einen Fluss vor, in dem vor allem Weißfische Betrieb machten. Fleißig sammelten sie die „Eintagsfliegenschiffchen“ von der Wasseroberfläche auf. Somit verwunderte es nicht, dass mein erster Fang des Tages ein kleiner Döbel war. Die Salmonidenfraktion machte sich hingegen äußerst rar. Am Vortag konnten von befreundeten Anglern noch einige Exemplare in der Jenaer Strecke überlistet werden, darunter auch richtig große. Während unserer Zeit am Wasser straften uns jedoch auch gezielt angeworfene Forellen mit Desinteresse. Benjamin konnte später noch einen Treffer landen, ich ging leider leer aus.

Das Highlight des Tages hatte aber nichts mit Salmoniden oder Weißfischen zu tun: Bei einem Spotwechsel entdeckte Benjamin vom Ufer aus drei Hechte, die ganz und gar in ihr Liebespiel versunken waren. Mehrere Minuten lang schafften wir es nicht, unsere schamlosen Blicke von dem Naturschauspiel abzuwenden. Ich habe selbstverständlich versucht, unseren voyeuristischen Akt auch fotografisch zu belegen – durch meine Polbrille hindurch. Sorry dafür, Esox! Alles nur für wissenschaftliche Zwecke! Im Ernst: Das Ganze macht deutlich, wie wichtig es ist, die nach wie vor andauernde Raubfischschonzeit zu respektieren. Jetzt illegal mit der Spinnangel durch die Saale zu pflügen, egal ob aus Unwissenheit oder mit Absicht, ist eine ziemlich schlechte Idee.

Der lange dicke Schatten direkt unter dem kleineren Hecht, das ist die Mutti!

Nun aber zurück zu den Bachforellen. Zugegeben, bei fehlender Fresslust seitens des Zielfisches kann man sich mit kleinen Nass- und Trockenfliegen schon etwas verloren an der breiten Saale vorkommen. Für den nächsten Tag entschied ich mich deswegen für mehr Übersicht und weniger Wasser. Die Ilm lockte ab Mittag unter einem meist bewölkten Himmel und gelegentlich etwas Sonne. Zeit für eine leichtere Rute! Die üblichen 9 Fuß, aber runter auf Klasse 4 und passend dazu statt den heute vorherrschenden WF-Schnüren eine Double Taper in dezenter Farbgebung. Ziel war es, eine besonders diskrete Präsentation hinzubekommen. Der Plan schien aufzugehen, denn nach wenigen Würfen zerrte für einen Sekundenbruchteil der erste Fisch am anderen Ende der Schnur. Fünf Minuten später war die Rute dann wirklich krumm. Der Fisch, der jetzt unter der Oberfläche silbern aufblitzte, sah allerdings viel kleiner aus als er sich anfühlte. Lag das am leichten Tackle? Nein, dummerweise war die Forelle an den Brustflossen fehlgehakt, sodass sie gegen die Drillrichtung beschleunigen konnte. Damit wurde aus der Mittzwanzigerin ein echter Gegner für die 4er Rute. Nach dem Kampf zeigte sich dann einmal mehr, wie vorteilhaft das Fischen mit Schonhaken ist. Ehe sich das Tier versah, war es auch schon wieder zurück in der Freiheit.

Die beste Ausrüstung nützt jedoch nichts ohne Wissen und Erfahrung. Wie sich die beiden letztgenannten Dinge auf den Erfolg am Angeltag auswirken können, davon durfte ich mir live vor Ort ein Bild machen: Am Nachmittag betrat unser Eberhard die Bühne und bewies, dass zähe Bedingungen kein Problem sein müssen. Am ersten Spot angekommen, erklärte er mir, dass an dieser Stelle Nahrung vom Gewässergrund nach oben steige und wie man mit diesem Wissen ausgestattet seine Nymphe zu fischen habe. Gesagt, getan. Er wandte sich dem kühlen Nass zu, beförderte die Nymphe elegant in die Strömung und stoppte sie im entscheidenden Moment, um sie aufsteigen zu lassen. Zack, Bachforelle. Beim dritten Wurf (ohne einen Schritt zu machen): Zack, Äsche. Wie angelt doch gleich Chuck Norris? Indem er aufs Wasser zeigt und ruft: „Du, du und du, raus da!“. Beeindruckend! Mir blieb der Mund noch eine Weile offen stehen und ich konnte froh sein, in diesem Moment keine Eintagsfliege verschluckt zu haben.

Während Eberhard weiter an nahezu jedem Spot fing, dauerte es bei mir eine Weile, bis es wieder einen Einschlag gab. Knapp am Mindestmaß vorbei diesmal! Maßige Forellen sahen wir an diesem Tag übrigens keine, dafür waren die Äschen gefräßig. Da die Fahnenträgerinnen aber noch bis Juni in Schonzeit sind, hatten auch die beiden Ü35er, die Eberhard ans Band gingen, nichts zu befürchten. Am Vortag seien die Forellen wesentlich aktiver und größer gewesen, verriet uns ein anderer Fliegenfischer, den wir auf dem Weg am Fluss trafen. Dieser Umstand kam mir irgendwie bekannt vor.

Hübsche 28er. Ich habe an der Ilm noch nie einen unansehnlichen Fisch gefangen, aber letztes Jahr soll es sie gegeben haben (wie bei uns in der Saale)
Hoppla! Auch dem Meister hüpft manchmal ein Fischlein aus dem Kescher

Die ein oder andere kleinere Bachforelle ging an diesem Tag noch ins Netz und wieder zurück ins Wasser. “Ertragreich” waren beide Angeltage nicht, aber lehrreich allemal. Ein schöner Auftakt für die Saison 2021, von der ich uns allen wünsche, dass sie gut wird!

Bis zum nächsten Mal!

H.

3 Gedanken zu „Lehrstunden zum Saisonauftakt

    1. Dankeschön! Ja, das sind ausschließlich Handyfotos. Alle außer der Döbel mit jenem S8, das mir beim Angeln schon mehrfach auf den Boden und ins Wasser geklatscht ist. Noch hält es…

  1. So ein “Hüpfer” kann passieren, wenn man die Fische sehr schnell und mit deutlicher Dominanz drillt. Das ist sehr wichtig, wenn der Fisch zurückgesetzt werden soll. Die Äsche ist noch voll bei Kräften und kann somit den Drill-Stress deutlich besser verkraften, als ein Fisch,. der völlig entkräftet in den Kescher gleitet und nur noch wenig Chancen hat, sich von diesem wahrscheinlich letzten Abenteuer zu erholen.

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